[iL*]-Debattenblog
A master's tool
Die Debatte um eine Kampagne für ein AfD-Verbot ist neu entbrannt, seitdem der Verfassungsschutz die Partei als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft hat. Nicht nur der zeitliche Zusammenhang zeigt, dass sich die Kampagne trotz aller gegenteiligen Beteuerungen nicht von ihrem verfassungskonformen Ansatz losmachen kann.
Zivilgesellschaft und radikale Linke
Vorweg: Dieser Text will die funktionalen Argumente, die für ein AfD-Verbot sprechen, nicht bestreiten. Angesichts drohender Regierungsbeteiligungen der AfD ist es durchaus nachvollziehbar, dass Vertreter*innen der Zivilgesellschaft für das Verbot eintreten, um der AfD als dem parlamentarischen Arm der Rechten finanziell und strukturell zu schaden. Ebenfalls vernachlässige ich die Diskussion darüber, ob ein Verbot sich wie ein Boomerang auch gegen linke Strukturen wenden könnte – auch wenn der Optimismus, mit dem Bedenken bezüglich hufeisenförmiger Repressionen des Staates übergangen werden, doch verwundert. Hier soll es darum gehen, welche Haltung die radikale Linke zu der Verbotsdebatte einnimmt. Einige Befürworter*innen der Verbots-Kampagne hoffen, dass eine linksradikale Beteiligung an einem derart breiten Bündnis eine Art von utopischem Überschuss über die Verteidigung der demokratisch-kapitalistischen Gesellschaft hinaus entwickeln könnte – oder ihn sogar benötigt. Dabei ist jedoch vollkommen unklar, wie dieser durch die Kampagne entstehen soll. Schlimmer noch: Sie steht seiner Herstellung diametral entgegen.
Politik mit Bauschmerzen
Irgendwie sind wir uns ja alle einig, dass wir uns auf den bürgerlichen Staat nicht verlassen und ihn mittel- bis langfristig überwinden wollen. In den letzten Jahren hat die radikale Linke jedoch unter dem Eindruck hochmoralischer Debatten wiederholt Grundsatz-Positionen preisgegeben. Klar sind theoretisch alle gegen Waffenlieferungen Deutschlands an andere Nationalstaaten. Wenn die Waffen aber gegen die russischen „Orks“ eingesetzt werden, müsse man da doch eine Ausnahme machen. Klar sind theoretisch alle gegen Verbote durch einen starken Staat; aber wenn es doch gegen den Nationalsozialismus 2.0 geht, müsse man da doch eine Ausnahme machen. Die Liste ließe sich fortsetzen. Dabei wird übersehen, wie sehr das Abrücken von eigenen Positionen unsere Glaubwürdigkeit unterminiert. Wir sind nicht die erste emanzipatorische Bewegung, die sich in einer Endlosspirale der Wahl des geringer erscheinenden Übels selbst das Wasser abgräbt. Entscheidungen mit Bauchschmerzen, das kennen wir doch irgendwoher?
Autoritarismus der Gegenwart
Dabei bleibt unbeachtet, was dem Faschismus strukturell den Weg bereitet: Ein progressiver Neoliberalismus, der selbst zunehmend autoritär wird, und dessen angebliche Alternativlosigkeit den Frust der Menschen nährt. Denn der Kapitalismus kann nur für die wenigsten zufriedenstellende Lebensverhältnisse schaffen, während auch in der Wohlstandsinsel Deutschland Abstiegsangst und Prekarität um sich greifen – was wiederum von den Rechten emotional bewirtschaftet wird. An dieser gescheiterten Modernisierung des Modells Deutschland, das wirtschaftlichen Standortpatriotismus und eine sozial-ökologische Transformation kombinieren sollte, tragen auch grüne und linksliberale Kräfte eine Mitschuld. Ein Bündnis im neoliberalen Konsens mit den staatstragenden Parteien ist schon allein deshalb gefährlich. Hinzu kommt, dass für ein Verbotsverfahren durch die neuen Kräfteverhältnissen im Bundestag eine Zusammenarbeit mit der CDU noch notwendiger wäre als in der letzten Legislaturperiode. Mit einer Union, die mit Amtsantritt die Grenzen für Asylsuchende schloss, am Verbot der AfD zu arbeiten, erfordert schon ein erhebliches Maß an Instrumentalität.
Selber machen?
Bleibt die Frage, inwiefern man trotz dieser Widersprüche ein AfD-Verbot „selber...