[iL*]-Debattenblog
»Streik ist der Name einer Möglichkeit«
Die Transnational Strike Kommission der IL im Gespräch mit ∫connessioniprecarie über die politischen Streiks in Italien, Palästina-Solidarität und wie sich Arbeitskämpfe und Antikriegsbewegung in Zeiten globaler Unordnung verbinden lassen.
Die jüngsten MobilisierungenIL: In den letzten Wochen erfasste eine beeindruckende Protestwelle Italien, die sich auf die Solidarität mit Palästinenser*innen und der Global Sumud Flotilla konzentrierte. Diese Bewegung baut auf einer lange etablierten und kontinuierlichen palästinensischen Solidaritätsbewegung in Italien auf. Die radikal linke Basisgewerkschaft USB rief für den 22. September zu einem Generalstreik auf. Der unmittelbare Auslöser war ein Drohnenangriff auf Boote der Flotilla. Ein weiterer Generalstreik folgte am 3. Oktober, und am nächsten Tag versammelten sich über eine Million Menschen in Rom, um ein Ende des Völkermords zu fordern. Kannst du erklären, was passiert ist und einen Überblick geben?
CP: In den letzten zwei Jahren hatten wir verschiedene Demonstrationen und diverse weitere Ausdrücke des Widerstands gegen den Völkermord in Gaza. Zum Beispiel Universitätsbesetzungen und einige Camps. Ab Ende August begann jedoch eine breitere Bewegung zu entstehen, die die vorherigen Proteste zahlenmäßig weit übertraf und von der Global Sumud Flotilla katalysiert wurde. Ende August kamen Tausende von Menschen zum Hafen von Genua, um Lebensmittel zum Verladen auf die Boote zu bringen. Als die Hafenarbeiter*innen in Genua erklärten »Wenn Israel die Sumud Flotilla angreift, werden wir alles blockieren«, gaben sie einer Dringlichkeit Ausdruck, die zu diesem Zeitpunkt weit verbreitet war.
Die Beteiligung am ersten Streik am 22. September war unerwartet, sowohl hinsichtlich der Zahlen als auch weil er Arbeiter*innen aus verschiedenen Sektoren einbezog und zu massiven Demonstrationen in mindestens 80 Städten in ganz Italien führte. Der Streik ist in Italien ein individuelles Recht, man muss also kein Gewerkschaftsmitglied sein, um zu streiken. Die Proteste zeigten eine allgemeine Ablehnung dessen, was in Palästina vor sich geht – wo die Gewalt schon lange einen unerträglichen Punkt erreicht hatte. Die Invasion Gazas trieb die staatliche und kapitalistische Gewalt auf ein neues Niveau. Aber es gab auch mehr als das, denn die Ablehnung erstreckte sich auf alles, was dieser Völkermord auch jenseits dessen, was in Palästina geschieht, mit sich bringt, nämlich einen umfassenden Angriff auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen weltweit. Ich denke, die Menschen sehen diese Verbindung ziemlich klar in Bezug auf die zunehmende Ausbeutung der Arbeiter*innen und die Kürzungen der Sozialausgaben aufgrund der Kriegsausgaben; oder den rassistischen Hass gegen Migrant*innen, denen vorgeworfen wird, Antisemitismus zu importieren oder die als innerer Feind gegen die nationale Einheit in Kriegszeiten bezeichnet werden. Aber wir können es auch an der zunehmenden patriarchalen Gewalt gegen Frauen und LGBTQ-Menschen sehen, am Pinkwashing der Wehrpflicht und der auch konkreten Familienpolitik. Insgesamt war das, was wir erlebt haben, ein großes »Nein « zur Zunahme von Ausbeutung, Gewalt, Patriarchat, Rassismus und Autoritarismus – die mit dem Krieg einhergehen. Dies wiederholte sich dann am 3. Oktober in noch größerem Maßstab, gerade weil es den Arbeiter*innen gelang, sogar die größte italienische Dachgewerkschaft CGIL dazu zu bringen, gemeinsam mit anderen Basisgewerkschaften einen Generalstreik auszurufen.
Dann hatten wir die nationale Demonstration mit einer Million Menschen am Tag darauf...
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